Verbotene Früchte

7. Die verbotenen Früchte...

In der Not frisst der Teufel Fliegen!


„Zutritt verboten! Gefahr durch herab stürzende Bäume!“, lautet seit drei Wochen der Text auf der Absperrung an meinem Lieblingswaldstück!

Während ich also vor dem rot-weißen Absperrband ein paar Runden um die eigene Achse drehte, fragte ich mich, ob wohl die Gefahr von einem Baum erschlagen zu werden größer war, als die Gefahr an Corona zu erkranken...

In Anbetracht der Windstille und des herrlichen Sonnenscheins entschied ich, dass die Gefahr im Wald heute bei diesem Wetter vermutlich geringer war und trat unter dem Absperrband hindurch...

Sehr ungehorsam, dachte ich bei mir! Aber schon hinter der nächsten Kurve stellte ich fest, dass ich damit wohl nicht allein war...
Zuerst begegnete mir ein sehr fröhlich pfeifender Herr mit seinem Dackel und wenige Schritte später auch noch eine Joggerin im roten Lauf-Dress (die übrigens, ganz nebenbei, auch nicht viel schneller war als ich)!

„Adam“, samt Dackel, und die rote „Eva“ hatten also auch von den „verbotenen Früchten“ genascht und den Weg wohl ebenfalls trotz Warnhinweisen als „koscher“ deklariert.

Gut - die Beiden hatten sich, wie man wusste, ja auch schon mal in einer sehr wichtigen Angelegenheit geirrt!
Zur Sicherheit rechnete ich mir deshalb noch einmal im Kopf aus, wie hoch wohl die Wahrscheinlichkeit war, heute in der nächsten Klinik ein Intensivbett zu bekommen...

Nach den aktuellen Angabe auf der Stadt-Kassel-Corona-Internetseite, hatten wir gestern in Stadt und Landkreis durch Corona insgesamt 11 Personen in den Krankenhäusern. Davon drei auf Intensivstationen, minus den OPs, die jetzt gerade für den voraussichtlichen Corona-Ansturm verschoben worden waren, und plus der möglicherweise schon aufgerüsteten zusätzlichen Intensiv-Betten.

Hmmm. Ich vermutete, dass meine Chancen daher eigentlich ganz gut standen, mit einer möglichen Gehirnerschütterung inklusive Panikattacke gefolgt von Atemnot durch herabstürzende Bäume heute noch behandelt zu werden...

(Ansonsten hätte ich zur Not auch einfach nur „starke Kopfschmerzen“ und „Atemnot“ angeboten - durch das Wegfallen der Bürokratie, lässt sich da doch bestimmt irgendwie „ein Deal“ machen... In der Not frisst der Teufel ja bekanntlich Fliegen!)

PS: Übrigens, eine App mit einem Live-Ticker, die einem passend zum jeweiligen Standort immer aktuell die verfügbaren Intensiv-Betten in der unmittelbaren Umgebung anzeigt, wäre vermutlich gerade „weltweit“ ein Verkaufsschlager - was für ein Start-Up -
Auf in die „Höhle der Löwen“!


Illustration: Lucy Hobrecht, Text: Romana Reiff (26.03./27.03.2020)

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